Die optische Telegraphie © OE1-100470
Schon lange bevor der Begriff „Telegraphie“ geprägt wurde finden sich bereits die ersten Ideen zur Telekommunikation in einer wissenschaftlich- utopischen Literatur des 17. Jahrhunderts. Dabei wurde Telekommunikation vielfach mit Telepathie gleichgesetzt. So gab auch der britische Astronom Robert Hooke, der 1684 die erste technische Beschreibung eines Semaphors gab, seiner Niederschrift den Titel: „Mittel zur Mitteilung der eigenen Gedanken über weite Entfernungen hinweg“. Erste Versuche der optischen Nachrichtenübertragung gab es 1690 vom französischen Physiker Guillaume Amontons (1663 - 1705) im Jardin du Luxembourg. Er war taub und beschäftigte sich deshalb mit der optischen Nachrichtenübermittlung. Er band an die Flügel von Windmühlen Tücher, die mit Buchstaben bestickt waren. Die Nachricht wurde dann in einiger Entfernung mit dem Fernrohr abgelesen. Die Erfindung und deren Entwickler wurde aber nur belächelt.
Den Begriff „Telegraphie“ prägte der französische General Moit, der vermutlich humanistisch gebildet war, aus den griechischen Worten „telos“ [fern] und „graphein“ [schreiben] im Jahr 1794. Dieser umfassende Begriff bezeichnet heute den großen Bereich von Geräten, die eine Kommunikation über Entfernungen überhaupt erst ermöglichten. Zum damaligen Zeitpunkt verstand man darunter allerdings lediglich die optische Nachrichtenübertragung.
Den Durchbruch der optischen Telegraphie verdanken wir Claude Chappé (1763 - 1805). Er konstruierte zusammen mit seinen Brüdern den Semaphor [griechisch „sema“ = Zeichen und „phoros“ = tragend]. Auf einem Tragwerk wurde ein drehbarer Mittelbalken befestigt, an dessen Enden zwei bewegliche Hilfsbalken angebracht waren. Am 12. April 1793 wurde mit dem Versuchssemaphor eine Strecke von 70 km überbrückt. In 11 Minuten wurden 41 Worte übermittelt. Die Pariser Nationalversammlung beauftragte darauf hin unverzüglich den Bau neuer Telegraphenstrecken. Zunächst wurde die 225 km km lange Strecke zwischen Paris und Lille errichtet. Chappé durfte dafür öffentliche Gebäude benutzen - auch Kirchtürme - und alle Sichthindernisse entfernen. Für die 22 Stationen zwischen Paris und Lille bedurfte es einer äußerst sorgfältigen Personalauswahl, da jeder Mitarbeiter die Nachricht verfälschen konnte. Nach diesem Prinzip wurden weltweit Telegraphenlinien errichtet. Die erste optische Telegraphenlinie in Britannien wurde 1796 von London nach Deal vom anglikanischen Bischof Lord George Murray (1761–1803) errichtet. Dieser Telegraph arbeitete mit 6 Klappen („shutter“), die mittels Steuerseilen in horizontale (unsichtbare) und vertikale (sichtbare) Ausrichtung geschwenkt wurden. Mit den sechs Klappen konnte also ein sechsstelliges binäres Datenwort mit 64 Möglichkeiten übertragen werden.
Optische Telegraphen waren die ersten funktionstüchtigen Kommunikationsmaschinen, die weltweit dauerhaft in Betrieb waren.Auch das umgangssprachlich als „Morsealphabet“ bekannte Telegraphenalphabet wurde mittels Signallampen zur optischen Übertragung verwendet. Weniger bekannt ist, daß es auch mit Signalflaggen angewandt wurde.
Die elektrische Telegraphie weist keinen der wesentlichen Nachteile der optischen Telegraphie, wie beispielsweise den sehr begrenzten Datendurchsatz, die geringe Übertragungsgeschwindigkeit und die Notwendigkeit der freien Sichtverbindung auf. Dennoch ist die optische Telegraphie, vielfach ohne dass es uns bewusst wird, allgegenwärtig. Denken wir nur an die Verkehrsignalanlagen im Straßen- und Eisenbahnverkehr, oder an die Signalflaggen der Schifffahrt.
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