Österreichische Besatzungszonen 1945 - 1955


Atlas zur allgemeinen österreichischen Geschichte, Verlag Ed. Hölzl, Wien 1966, Seite 64
Die Bezeichnung "Russische" Besatzungszone müsste richtig lauten "Sowjetische" Besatzungszone
 

1945 - Die Wiedergeburt

Am 13. April 1945 zogen Rotarmisten auf dem Dach der Wiener Hofburg die Sowjetflagge auf. Die provisorische Staatsregierung unter der Führung von Dr. Karl Renner wurde am 27. April von der Sowjetunion, aber nicht von den drei westlichen Alliierten anerkannt. Die amerikanischen Streitkräfte überschritten am 28. April die Grenzen zu Tirol, am 29. April überquerten die französischen Truppen die Grenze in Vorarlberg und am 6. Mai betraten britische Truppen in Kärnten österrreichischen Boden. 

Erst am 9. Juli einigten sich die Alliierten auf die Einteilung von vier Besatzungszonen in Österreich. In Wien übernahmen die amerikanischen, britischen und französischen Streitkräfte aber erst am 1. Sept. ihre Bereiche. Am 11. Sept. nahm der Alliierte Rat in Wien seine Arbeit auf. Im Zuge einer 3-tägigen Länderkonferenz (24. - 26. Sept.) wurde die provisorische Staatsregierung umgebildet, die - nach Zustimmung durch den Alliierten Rat - am 20. Okt. ihre Arbeit für ganz Österreich aufnahm.

Am 25. Nov. fanden Nationalrats- und Landtagswahlen statt, bei der ehemalige Nationalsozialisten nicht wahlberechtigt waren. Das Ergebnis war mit lediglich 5,4% der Stimmen für die Kommunisten niederschmetternd. Dennoch wurden die Wahlen von den Sowjets anerkannt.

Die Vier im Jeep

Das Schlagwort "Die Vier im Jeep“ steht sprichwörtlich für die Besatzungszeit in Österreich bzw. in Wien. 
Die Innenstadt Wiens wurde mit ihren wichtigen politischen Einrichtungen von den vier Alliierten als internationale Zone - mit monatlich wechselndem Vorsitz - gemeinsam verwaltet. Jedoch nur in der Innenstadt fuhren Militärpolizisten der vier Besatzungsmächte gemeinsam in einem Wagen auf Streife. In allen anderen Bezirken und in den Bundesländern gingen die alliierten Soldaten getrennt auf Patrouille. 
 
Internationale Militärpatrouille  auf Streifenfahrt zwischen  Burgtheater und Rathaus im Mai 1947
Im 1. Bezirk wechselte monatlich der Vorsitz. Das Photo zeigt den Austausch der amerikanischen gegen die sowjetische Tafel

   
Symbole der Teilung - Schlagbäume zwischen Ost und West
 
 Kontrollpunkt Ennsbrücke an der Zonengrenze
zwischen amerikanischer und sowjetischer Zone
Kontrollpunkt Semmering an der Zonengrenze
zwischen britischer  und sowjetischer Zone

Zum Verlassen einer Besatzungszone war ein 4-sprachiger Identitätsausweis notwendig. Die ständige Kontrolle für Personen- und Lastenverkehr an der Demarkationslinie wurde erst am 9. Juni 1953 aufgehoben. Nicht alle Besatzer erfreuten sich großer Beliebtheit. Der am 12. März 1950 im Apollokino in Wien erstaufgeführte Film "Der Dritte Mann"[1] enthält einen vielsagenden Ausspruch: "Eines ist sicher, die Befreiung hab' ich mir aber ganz anders vorgestellt!"

1955 - Österreich ist frei

Nach 259 Sitzungen mit den Repräsentanten der Alliierten, nach 10 Jahren des Wartens, Hoffens und Bangens, wird am 15. Mai 1955 im Marmorsaal des Oberen Belvedere in Wien der Staatsvertrag von den Außenministern Molotow (Sowjetunion), Macmillan (Großbritanien), Dulles (Vereinigte Staaten von Amerika), Pinay (Frankreich) und Figl (Österreich), unterzeichnet, der aber erst nach der parlamentarischen Genehmigung und der Ratifizierung durch die Staatsoberhäupter aller fünf Staaten  rechtswirksam wird. 
 
Die Unterzeichnung des Staatsvertrages im Marmorsaal des Oberen Belvedere

Am 7. Juni verabschiedet der österreichische Nationalrat die "Entschließung betreffend die Erklärung der immerwährenden Neutralität Österreichs". Im Hinblick auf diese Entschließung, die von der Sowjetunion als Instrument zur Erfüllung der von Österreich im Moskauer Memorandum übernommenen Verpflichtungen erachtet wird, ratifiziert die Sowjetunion am 11. Juni den Staatsvertrag. Das alliierte Verbot der militärischen Betätigung  fällt am 8. Juli und am 27. Juli hinterlegt Frankreich als letzter Staat die Ratifizierungsurkunde im Außenministerium der SU in Moskau. Damit tritt der Vertrag endgültig in Kraft. 

Ebenfalls am 27. Juli,  11 Uhr, erklärt der französische Hochkommissar Seydoux de Clausonne im Namen seiner Kollegen Iljitschow (SU), Penfield (USA) und Wallinger (GB), "dass die Alliierte Kommission für Österreich aufgehört hat zu bestehen." Die B-Gendarmerie[2] wird in "provisorische Grenzschutzabteilungen" umbenannt. Damit erhält Österreich wieder seine volle Souveränität.

Innerhalb von 90 Tagen haben alle Besatzungssoldaten das Land zu verlassen. Das österreichische Wehrgesetz wird am 7. September vom Nationalrat beschlossen. Am 19. September um 20 Uhr verlässt der letzte Sowjetsoldat Österreich. Am 25. Oktober endet offiziell die Besatzungszeit.

Am 26. Oktober verpflichtet sich die Republik Österreich im Bundesverfassungsgesetzes über die immerwährende Neutralität (BGBl 1955/211) "keinem militärischen Bündnis beizutreten", sich selbst "mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu verteidigen" und "die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf seinem Territorium nicht zuzulassen".


[1]  Dieser Film hat 1949 seine  Weltpremiere in Großbritanien. 1950 folgten die Uraufführungen in Deutschland, U.S.A. und Österreich. Der Film wurde 1949 bei den Festspielen in Cannes mit der "Goldenen Palme" und 1950 mit dem "Oscar" für die "Beste Kamera in der Kategorie Schwarz-Weiss-Film" ausgezeichnet. 
[2]  Die B(ewaffnete)-Gendarmerie wurde am 1. August 1952 gegründet, die in Bataillone und Kompanien gegliedert war. Sie bildete daher das Fundament des österreichischen Bundesheeres.


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