Atlas zur allgemeinen österreichischen
Geschichte, Verlag Ed. Hölzl, Wien 1966, Seite 64
Die Bezeichnung "Russische"
Besatzungszone müsste richtig lauten "Sowjetische" Besatzungszone
Am 13. April 1945 zogen Rotarmisten auf dem Dach der Wiener Hofburg die Sowjetflagge auf. Die provisorische Staatsregierung unter der Führung von Dr. Karl Renner wurde am 27. April von der Sowjetunion, aber nicht von den drei westlichen Alliierten anerkannt. Die amerikanischen Streitkräfte überschritten am 28. April die Grenzen zu Tirol, am 29. April überquerten die französischen Truppen die Grenze in Vorarlberg und am 6. Mai betraten britische Truppen in Kärnten österrreichischen Boden. Erst am 9. Juli einigten sich die Alliierten auf die Einteilung von vier Besatzungszonen in Österreich. In Wien übernahmen die amerikanischen, britischen und französischen Streitkräfte aber erst am 1. Sept. ihre Bereiche. Am 11. Sept. nahm der Alliierte Rat in Wien seine Arbeit auf. Im Zuge einer 3-tägigen Länderkonferenz (24. - 26. Sept.) wurde die provisorische Staatsregierung umgebildet, die - nach Zustimmung durch den Alliierten Rat - am 20. Okt. ihre Arbeit für ganz Österreich aufnahm. Am 25. Nov. fanden Nationalrats- und Landtagswahlen statt, bei der ehemalige Nationalsozialisten nicht wahlberechtigt waren. Das Ergebnis war mit lediglich 5,4% der Stimmen für die Kommunisten niederschmetternd. Dennoch wurden die Wahlen von den Sowjets anerkannt. Die Vier im Jeep Das Schlagwort
"Die Vier im Jeep“ steht sprichwörtlich für die Besatzungszeit
in Österreich bzw. in Wien.
Zum Verlassen einer Besatzungszone war ein 4-sprachiger Identitätsausweis notwendig. Die ständige Kontrolle für Personen- und Lastenverkehr an der Demarkationslinie wurde erst am 9. Juni 1953 aufgehoben. Nicht alle Besatzer erfreuten sich großer Beliebtheit. Der am 12. März 1950 im Apollokino in Wien erstaufgeführte Film "Der Dritte Mann"[1] enthält einen vielsagenden Ausspruch: "Eines ist sicher, die Befreiung hab' ich mir aber ganz anders vorgestellt!" 1955 - Österreich ist frei Nach 259 Sitzungen mit den
Repräsentanten der Alliierten, nach 10 Jahren des Wartens, Hoffens
und Bangens, wird am 15. Mai 1955 im Marmorsaal des Oberen Belvedere in
Wien der Staatsvertrag von den Außenministern Molotow (Sowjetunion),
Macmillan
(Großbritanien), Dulles (Vereinigte Staaten von Amerika),
Pinay
(Frankreich) und Figl (Österreich), unterzeichnet, der aber
erst nach der parlamentarischen Genehmigung und der Ratifizierung durch
die Staatsoberhäupter aller fünf Staaten rechtswirksam
wird.
Am 7. Juni verabschiedet der österreichische Nationalrat die "Entschließung betreffend die Erklärung der immerwährenden Neutralität Österreichs". Im Hinblick auf diese Entschließung, die von der Sowjetunion als Instrument zur Erfüllung der von Österreich im Moskauer Memorandum übernommenen Verpflichtungen erachtet wird, ratifiziert die Sowjetunion am 11. Juni den Staatsvertrag. Das alliierte Verbot der militärischen Betätigung fällt am 8. Juli und am 27. Juli hinterlegt Frankreich als letzter Staat die Ratifizierungsurkunde im Außenministerium der SU in Moskau. Damit tritt der Vertrag endgültig in Kraft. Ebenfalls am 27. Juli, 11 Uhr, erklärt der französische Hochkommissar Seydoux de Clausonne im Namen seiner Kollegen Iljitschow (SU), Penfield (USA) und Wallinger (GB), "dass die Alliierte Kommission für Österreich aufgehört hat zu bestehen." Die B-Gendarmerie[2] wird in "provisorische Grenzschutzabteilungen" umbenannt. Damit erhält Österreich wieder seine volle Souveränität. Innerhalb von 90 Tagen haben alle Besatzungssoldaten das Land zu verlassen. Das österreichische Wehrgesetz wird am 7. September vom Nationalrat beschlossen. Am 19. September um 20 Uhr verlässt der letzte Sowjetsoldat Österreich. Am 25. Oktober endet offiziell die Besatzungszeit. Am 26. Oktober verpflichtet
sich die Republik Österreich im Bundesverfassungsgesetzes über
die immerwährende Neutralität (BGBl 1955/211) "keinem militärischen
Bündnis beizutreten", sich selbst "mit allen zu Gebote stehenden Mitteln
zu verteidigen" und "die Errichtung militärischer Stützpunkte
fremder Staaten auf seinem Territorium nicht zuzulassen".
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