Wie kaum eine andere technische Neuerung hat die Telekommunikation das Weltbild verändert. Heute ermöglichen uns die Geräte weltweite Kommunikation mit Bild und Ton in Echtzeit. Wichtige Bibliotheken stehen uns, wie weit diese auch immer von uns geographisch entfernt sein sollten auf dem Bildschirm zur Verfügung. Stellt man die Zeitdauer der Entstehungsgeschichte der Menschheit, und die Zeitdauer für die Entwicklung der elektrischen Telekommunikation in Relation zueinander, so ist unschwer erkennbar, dass wir uns derzeit „ein paar Sekunden nach dem Urknall des Internet“ befinden. Auf diesen Seiten sollen einige wesentlichste Entwicklungsschritte der Telekommunikation dargestellt werden. Wie bei vielen anderen Entwicklungen auch, arbeiteten zahlreiche Erfinder an den unterschiedlichsten Kommunikationsmaschinen. Dabei kamen jeweils unterschiedliche Kommunikationsformen zur Anwendung. Den optischen Telegraphen ist wegen deren entwicklungsgeschichtlicher Bedeutung ein eigener Abschnitt zugedacht. In diesem Beitrag erfolgt eine bewusste Begrenzung auf Telekommunikationsformen, die den elektrischen Strom nutzen, deren wesentlichster strategischer Vorteil die Nachttauglichkeit war. Von den drei möglichen Wirkungsweisen des elektrischen Stromes, magnetisch, chemisch, thermisch wurden für die Telekommunikation zunächst die chemische, später die magnetische angewandt. Thomas Soemmering und sein elektrochemischer Telegraph Der deutsche Physiker Thomas Soemmering entwickelte 1809 eine Vorrichtung, die sich die elektrochemische Zersetzung von Wasser zunutzte machte. Dabei wurde jedem Buchstaben ein Stromkreis zugeordnet, in den ein kleiner Wasserbehälter eingeschaltet war. Wurde einer dieser Kreise stromdurchflossen, so stiegen aufgrund der elektrochemischen Zerlegung des Wassers Gase auf. Diese Modelle seines Telegraphen machte Soemmering auch in Paris und Wien bekannt. Ein ähnliches Gerät soll 1816 in Philadelphia John Coxe konstruiert haben.
Die Entdeckung des Elektromagnetismus Der dänische Physiker Christian Ørstedt entdeckt 1820, dass sich Magnetnadeln durch elektrischen Strom ablenken lassen. Ampère erkannte, dass diese Wirkung für telegraphische Zwecke genützt werden konnte und überreichte der Akademie der Wissenschaften ein diesbezügliches Memorandum, kümmerte sich aber nicht weiter um die Umsetzung. Seine diesbezüglichen Ideen wurden vom russischen Diplomaten Baron Schilling von Cannstadt aufgegriffen und umgesetzt. Er hatte mehrmals Soemmerings Experimenten beigewohnt und stand mit ihm in Briefkontakt. Um 1825 baute er einen Apparat mit fünf Stromkreisen und fünf Magnetnadeln, die mehrere Stellungen einnehmen konnten, sodass durch verschieden Kombinationen alle Buchstaben des Alphabets dargestellt werden konnten. Zur selben Zeit arbeiten Gauss und Weber, die Soemmerings Apparate kannten, an einem elektromagnetischen Telegraphen, schlugen aber ihrem Kollegen Steinheil vor, diese Erfindung weiter zu entwickeln. Steinheils Telegraph arbeitete mit zwei Nadeln, die verschlüsselte Zeichen auf einer Papierrolle aufzeichneten. Außerdem entdeckte er, dass die Stromrückführung über die Erde möglich war. In München ließ er zwischen seinem Wohnort und der Königlichen Akademie ein etwa fünf Kilometer lange Telegraphenleitung legen. Auch nördlich des Ärmelkanals haben sich mehrere Personen mit der Elektrizität und deren Verwendbarkeit für die Telegraphie befasst. Genannt seien daher in diesem Zusammenhang Wheatstone, Cooke, Davy, und der Schotte William Alexander . Auf dem amerikanischen Kontinent beschäftigten sich unter anderem Thomas Edison, Franklin Pope, Horne, Hughes mit dieser Materie.
Der entscheidende Durchbruch gelang jedoch dem Amerikaner Samuel Finley Breese Morse, geboren am 27. April 1791 bei Charlestown (Massachusetts) der sich zunächst den Ingenieurwissenschaften und erst später der Kunst widmete. Es suchte daher nach einfachen und praktikablen Lösungen.
Anders als die europäischen Geräte , die im wesentlichen mit Magnetnadeln und Buchstabenscheiben funktionierten, sandte sein Telegraph verschlüsselte Signale aus. Dieser erste Morsecode bestand zunächst nur aus Punkten und stellte Ziffern dar. In einem Wörterbuch wurde ein, zur einfachen Verständigung reichender Wortschatz festgelegt, wobei den Wörtern Ziffernkombinationen zugeordnet waren. Häufig vorkommenden Worten wurden kurze, seltener gebrauchten Worten wurden längere Ziffernkombination zugewiesen. Dafür wurde ihm zunächst 1838 in Paris (Morse lebte u. a. schon von 1829 bis 1832 in Paris) ein Patent erteilt. 1840, nach seiner abermaligen Rückkehr wurde seine Gerätschaft auch in den USA unter der Nummer 1,647 in das Patentregister eingetragen.
Diese entscheidende Schwachstelle, nur einen eingeschränkten Wortumfang übermitteln zu können behob Alfred Vail, Samuel Morses Geschäftspartner und Assistent. Sein Telegraphenalphabet besaß Striche und Punkte, wobei jedem Buchstaben, jeder Ziffer, und einigen (Satz-)Zeichen eine unterschiedliche Kombination daraus zugeordnet war. Dabei erhielten oft vorkommende Buchstaben kurze Kombinationen, z.B. E – ein Punkt, T – ein Strich. Ein langwieriger Rechtsstreit über die Benennung des Kodes folgte, wobei Morse obsiegte. Bei der ersten öffentlichen Städteverbindung zwischen Baltimore und Washington, telegraphierte Morse am 24. Mai 1844 um 8 Uhr 45 die Eröffnungsnachricht Wer war eigentlich Gerke? Am 22. Januar 1801 wurde Friedrich Clemens Gerke in Osnabrück geboren. Seine Eltern übersiedeln später ins Weserbergland. Dort wächst er mit weiteren fünf Geschwistern in äußerst bescheidenen Verhältnissen auf. Er gilt als aufgeweckt, sehr musikalisch und kommt nach der Konfirmation zu einem hamburger Kaufmann in Stellung. Entgegen den ursprünglichen Versprechungen darf er aber dort keine höhere Schule besuchen, sondern musste, nahezu ohne Freizeit arbeiten. Nach zwei Jahren wechselt er zu einem Senator in Stellung und lernt zu dieser Zeit seine spätere Frau, eine ebenfalls aus einfachen Verhältnissen stammende Französin kenne. Etwas später tritt Gerke in die britische Armee in Kanada ein, um sich nach drei Jahren freizukaufen und erneut nach Hamburg zurückzukehren. Seine nunmehrigen Sprachkenntnisse nützend, übersetzt er technische Bücher der Telegraphentechnik.
Im Jahre 1847 weilte der Amerikaner Robinson in Hamburg und führte den elektrischen Morseapparat vor. Zu dieser Zeit war Gerke, den die Übersetzungen und eigene literarische Werke nicht ausreichend ernährten, schon einige Jahre Inspektor bei der optischen Telegraphenlinie Hamburg – Cuxhaven. Die Vorzüge dieses Systems erkennend, wechselte er 1848 zum „Electromagnetischen Telegraphen“ und wurde dessen Inspektor. In dieser Eigenschaft baute er tatkräftig die Linie Hamburg – Cuxhaven auf, deren Hauptaufgabe der Schiffsmeldedienst war. Gerke ist der Reformer des Morsetelegraphiesystems. Er wandelte zunächst den „American Morse-Code“ in die, in wesentlichen Teilen bis heute gültige, internationale Form um. Sein Internationales Telgraphenalphabet legt als Strich- Punktkombination folgendes fest:
Im Jahre 1943 wurden geringfügige Veränderungen bei den Satzzeichen vorgenommen und der Abstand zwischen zwei Wörtern mit sieben Punkten festgelegt. Neben dem American Morse und dem Internationalen Telegraphenalphabet entstanden unterschiedliche, für die jeweiligen Sprachgruppen spezifische Telegraphenalphabete, beispielsweise das arabische, griechische, hebräische, japanische, koreanische, russische und türkische, sowie Sonderzeichen für die Kunstsprache Esperanto.
Die Wiedergabe der Zeichen erfolgte zu dieser Zeit grundsätzlich an Maschinen, meistens sogenannten Streifenschreibern. Die Nachricht wurde erst von kundigen Telegraphisten, die ausreichend Zeit hatten die Zeichen zu erkunden, in lesbare Schrift umgesetzt. Geübte konnten allerdings aus den Geräuschen des Empfangsgerätes den Nachrichteninhalt ermitteln, weshalb dann später überhaupt auf Gehörlesen umgestellt wurde. Das ist wohl eine der wenigen Anwendungen, wo der Mensch die Maschine verdrängte. Das Ende einer Ära? Erst als mit 1. Februar 1999 in der Seefahrt das weltweite Seenot- und Sicherheitsfunksystem (Global Maritime Distress & Safety System - GMDSS) eingeführt wurde, ging der kommerzielle Abschnitt diese Ära zu Ende. GMDSS veränderte den Seefunk, da die Pflicht zur Telegraphie-Hörwache nun nicht mehr bestand und die Küstenfunkstellen ihren Telegraphiebetrieb einstellten! Die letzten Aussendungen belegen
die Emotionen der Telegraphisten:
-- Valentia / EJK / Irland --
-- Rogaland / LGQ / Norwegen --
-- Varna / LZW / Bulgarien --
-- Melbourne / VIM/VIS / Australien --
-- Perth / VIP / Australien --
-- Portishead / GKB / Großbritanien
--
Im Amateurfunk allerdings wird die Tastentelegraphie weiterhin gepflegt. Auch die Flugfunkbaken senden ihre Kennung noch immer im internationalen Telegraphenalphabet nach Gerke aus. Begann das Internet 1850 oder 1865? Generell war im Europa dieser Zeit das Post-
und Telegraphenwesen nationalstaatlich geregelt, was staatenübergreifende
Kommunikation erheblich erschwerte. Die erste zwischenstaatliche Vereinbarung
erfolgte mit der Gründung des Deutsch-Österreichischen Telegraphenvereines
(D.Ö.T.V.) am 26. Juli 1850 in Dresden. Die zum Verein gehörenden Staatsgebiete wurden zu „Einem
einheitlichen und ungetheilten Postgebiete konstituirt“. Mit diesem Vertrag
wurde das Telegraphenalphabet nach Gerke als Standard festgelegt. Das rasch
steigende Kommunikationsbedürfnis erforderte weitere Vereinheitlichungen,
weshalb am 17. Mai 1865 in Paris 20 Länder die „Internationale Telegraphen
Union“ gründeten und den ersten „Welttelegraphenvertrag“ unterzeichneten.
Spätestens damit begann das Internet. Auch heute noch wird der 17.
Mai als „Weltfernmeldetag“ begangen. Den Welttelegraphenvertrag vom Juli
1875 haben bereits 72 Staaten unterzeichnet und eine große Anzahl
„Privat-Telegraphengesellschaften“ die Einhaltung der Vertragsbestimmungen
zugesagt.
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